ZWISCHEN KANZLEI, EIGENHEIM UND RATHAUS.

 

Philipp Buser im Interview mit Patrick Freudiger.

Lieber Patrick, du bist Rechtsanwalt, Mitglied des Grossen Rates, Gemeinderat in Langenthal und Geschäftsführer des Hauseigentümerverbands Kanton Bern. Wie bringst du Beruf, Politik und Privatleben unter einen Hut?

Ich denke, wichtig sind gute Organisation und Prioritätensetzungen. Mit etwas Planung lassen sich die «Spitzen»-Zeiten in Politik und Beruf besser koordinieren, sodass Belastungen nicht alle gleichzeitig anfallen. Politik ist für mich zudem auch ein Hobby, für das ich gerne Zeit investiere.

 

patrick freudiger

Welche Themen liegen dir im Gemeinderat besonders am Herzen?

Als Ressortvorsteher Finanz- und Steuerwesen sind mir naturgemäss die Finanzen wichtig: Langenthal muss bei den Ausgaben priorisieren. Wir können nicht auf Dauer mehr ausgeben, als wir einnehmen. Es braucht dafür keine Motorsäge, aber: Im aktuellen Investitionsplan der Gemeinde ist allein im steuerfinanzierten Haushalt ein Investitionsvolumen von über 100 Millionen brutto in den nächsten fünf Jahren erwähnt, gleichzeitig haben wir jährlich Defizite in der Rechnung und können nicht einmal 40 Rappen vom investierten Franken selbst stemmen. Dieses Missverhältnis muss korrigiert werden. Weiter sind mir z.B. effiziente Bau- und Planungsverfahren wichtig, langwierige bürokratische Prozesse hemmen das Wirtschaftswachstum und behindern die Schaffung von Wohnraum.

Was motiviert dich persönlich, dich so stark für Langenthal und die Region einzusetzen?

Langenthal und der Oberaargau sind meine Heimat, hier bin ich zuhause und verwurzelt. Ich glaube sagen zu dürfen, dass ich Langenthal und den Oberaargau gut kenne – und ich schätze die Menschen, die Institutionen, die Unternehmen, die Infrastruktur und vieles mehr hier sehr. Politisches Engagement ist eine Möglichkeit, die Rahmenbedingungen zugunsten von Langenthal und der Region zu gestalten und wo nötig zu verbessern. Ich kann bei der Lösung von Problemen konkret mithelfen.

Die Schweiz hat am 28. September über die Abschaffung des Eigenmietwerts entschieden. Wie beurteilst du dieses Resultat?

Das deutliche Ja von Volk und Ständen zur Abschaffung des Eigenmietwerts ist hocherfreulich. Verschiedene Akteure, namentlich der Hauseigentümerverband, haben seit Jahren für die Abschaffung des Eigenmietwerts gekämpft, dieser Einsatz wird jetzt belohnt. Der Eigenmietwert ist eine unverständliche und ungerechte Steuer. Er wurde vor rund 100 Jahren als Krisenabgabe eingeführt, ist aber aus der Zeit gefallen. Kaum ein anderes europäisches Land kennt eine solche Steuer. Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer müssen ein Einkommen versteuern, das es eigentlich gar nicht gibt. Der Systemwechsel eliminiert endlich diese Ungerechtigkeit. Zudem fällt auch der heutige Fehlanreiz zur Verschuldung im Steuersystem weg.

Was bedeutet der Entscheid konkret für Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer?

Der Eigenmietwert fällt nun für selbstbewohnte Erst- und Zweitliegenschaften weg. Aber es gibt nicht den Fünfer und das Weggli: Gleichzeitig können keine Schuldzinsenabzüge mehr gemacht werden, mit folgender Ausnahme: Für jene (meist jungen) Menschen, die erstmals Wohneigentum erwerben, gibt es einen Ersterwerberabzug. Der Gesetzgeber hat erkannt, wie schwierig es für junge Familien mittlerweile geworden ist, Wohneigentum zu erwerben, und deshalb einen Schuldzinsenabzug von bis zu 5´000 Franken (Einzelpersonen) bzw. bis zu 10´000 Franken (verheiratete Paare) zugelassen, der sich jährlich um 10 % reduziert. Bei vermieteten bzw. verpachteten Liegenschaften bleibt ein Schuldzinsenabzug nach der sog. quotal-restriktiven Methode ohnehin weiterhin zulässig.

 

«DER HAUSEIGENTÜMERVERBAND HAT FÜR DIE ABSCHAFFUNG DES EIGENMIETWERTS GEKÄMPFT.»

Patrick Freudiger

 

Wie ist es bei den Abzügen für Gebäudeunterhalt?

Bei vermieteten bzw. verpachteten Liegenschaften bleiben die Abzüge für Gebäudeunterhalt zulässig. Bei selbstbewohnten Liegenschaften fallen sie dagegen – als Folge des konsequenten Systemwechsels – grundsätzlich weg. Erhalten bleiben auch hier immerhin ein Abzug für denkmalpflegerische Arbeiten und auf kantonaler Ebene (bei Fortführung der heutigen steuerlichen Regelung max. bis 2050) Abzüge für Gebäudeunterhalt und -investitionen, soweit sie dem Umweltschutz und Energiesparen dienen. Die Einführung des Systemwechsels wird aber wohl nicht vor 2028 umgesetzt werden.

Gab es für dich eine Überraschung beim Ausgang der Abstimmung?

Mich hat die Deutlichkeit des Resultats überrascht, im positiven Sinn. Es zeigt, dass auch viele Menschen, die selbst nicht oder noch nicht über Hauseigentum verfügen, zugestimmt haben. Es gab damit bei dieser Abstimmung keinen Graben «Mieterinnen gegen Eigentümer» und die Bevölkerungsgruppen wurden erfreulicherweise auch nicht gegeneinander ausgespielt. Das freut mich ganz besonders und zeigt, dass die Ungerechtigkeit des heutigen Systems einer breiten Bevölkerung bewusst ist.

Wie beschreibst du die aktuelle Wohnsituation im Oberaargau?

Die Immobilienpreise in unserer Region sind vergleichsweise erschwinglich, auch der Leerwohnungsbestand liegt über dem kantonalen Durchschnitt. Allerdings machen gesamtschweizerische Entwicklungen auch vor dem Oberaargau nicht halt. Der Zubau an Wohnungen hält mit der – namentlich zuwanderungsbedingt – hohen Nachfrage nach Wohnraum nicht Schritt. Im Kanton Bern z.B. wurden 2023 nur 3200 Neubauten erstellt, dieser Wert entspricht dem tiefsten Stand seit 2013 und liegt klar unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre (4200 neue Wohnungen/Jahr). Das zu knappe Angebot ist der Hauptgrund für steigende Baulandpreise und Mietzinse. Es braucht dringend einfachere Planungs- und Baubewilligungsverfahren, damit die Bautätigkeit mit der Bevölkerungsentwicklung wieder Schritt halten kann.

Welche Entwicklungen siehst du auf dem Immobilienmarkt? Gibt es aus deiner Sicht besondere Chancen oder Herausforderungen für Wohneigentümer in der Region?

Bereits im schweizweiten Vergleich verzeichnet der Kanton Bern ein unterdurchschnittliches Wachstum bei den Preisen für Wohneigentum. Innerhalb des Kantons ist der Preisanstieg im Oberaargau zwar vorhanden, aber im Vergleich mit anderen Regionen des Kantons wiederum unterdurchschnittlich. Gemäss dem aktuellen BEKB-Immobilienbarometer (Frühjahr 2025) sind im Oberaargau die Immobilienpreise im langjährigen Vergleich, seit 1998, um rund 67 % gestiegen (zum Vergleich: in der Region Bern-Mittelland stiegen sie im gleichen Zeitraum um ca. 102 %). Diese vergleichsweise moderate Preisentwicklung ist eine Chance für unsere Region: Wohneigentum ist hier erschwinglich(er), auch für den Mittelstand.

 

«DIE VERGLEICHSWEISE MODERATE PREISENTWICKLUNG IST EINE CHANCE FÜR UNSERE REGION.»

Patrick Freudiger

 

Welche Rolle spielt der Standort Langenthal im Vergleich zu anderen Städten und Regionen im Mittelland?

Langenthal verfügt über viele mittelständische und international tätige Unternehmen, aber auch über ein breites und gutes Angebot an öffentlichen Dienstleistungen (Bildung, Gesundheit, Kultur). Langenthal hat im Vergleich mit anderen Städten im Kanton eine sehr attraktive Steuerbelastung (Steuerfuss nur 1,44), ebenso bestehen beste Zugverbindungen nach Bern und Zürich und dereinst (hoffentlich) auch ein Autobahnzubringer. Mit rund 16´000 Einwohnern hat Langenthal immer noch den Charme einer Gemeinde mit übersichtlichen Strukturen, innert einiger Velominuten ist man zudem in wunderschönen Naherholungsgebieten. Diese ausgeprägte Kombination urbaner und ländlicher Elemente hier ist einzigartig.

Eine schöne Überleitung zur Eigenheim Messe: Worauf freust du dich beim Besuch der diesjährigen Ausgabe besonders?

Auf einen Einblick in die lebendige Vielfalt von Angeboten regionaler KMUs im Bereich Bauen, Sanieren und Wohnen. Die KMUs bilden das Rückgrat unserer Volkswirtschaft. Zudem freue ich mich auf viele persönliche Gespräche und direkte Kontakte mit Unternehmerinnen und Unternehmern, aber auch mit Besucherinnen und Besuchern.

Welche Themen interessieren dich am meisten?

Meine Frau und ich erwarben erst kürzlich ein Eigenheim und führten 2021/2022 einen Umbau mit energetischer Sanierung durch. In unserem persönlichen Fall stehen derzeit also gerade keine grösseren Bau- oder Sanierungsvorhaben an. Angesichts des rasanten Wandels z.B. im Energiebereich gibt es aber sicher einige Punkte, wo ich mein Wissen etwas auffrischen kann.

Welche Erfahrungen hast du bei deinem eigenen Umbauprojekt gemacht?

Das Umbauprojekt in Kombination mit einer energetischen Sanierung war mitunter anspruchsvoll, zunächst in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen und dann erst recht bei der Realisierung. Es war nicht immer ganz einfach, als Bauherrschaft den Überblick zu behalten. Glücklicherweise hatten wir gute Unternehmer engagiert und durften viel Unterstützung von meinem Schwiegervater in Anspruch nehmen, der sich als Zimmerpolier in diesem Bereich bestens auskennt.

Welche Bedeutung hat die Messe für die Region und ihre Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer?

Die Eigenheim Messe findet ja nun schon zum dritten Mal statt und deckt offensichtlich ein breites Bedürfnis ab. Sie bildet einerseits eine Gelegenheit für regionale KMU ihre Angebote zu präsentieren, und andererseits für bestehende und künftige Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer, sich über attraktive Angebote aus der Region aus erster Hand zu informieren. Eine Messe ist zudem immer auch ein Treffpunkt der Bevölkerung, und erfüllt damit eine gesellschaftlich wichtige Funktion.

Warum lohnt sich ein Besuch der Messe gerade jetzt?

Mit der Abschaffung des Eigenmietwerts und dem Ersterwerberabzug bei den Hypothekarzinsen sind die steuerlichen Rahmenbedingungen für Wohneigentum verbessert worden. Gleichzeitig sind die Hypothekarzinsen nach wie vor tief. Es ist also – trotz der weltpolitischen Unsicherheiten – interessant, in der heutigen Zeit Hauseigentum zu erwerben oder auch umzubauen, im Oberaargau sowieso. Ein Besuch der Messe ist aus meiner Sicht eine gute Gelegenheit, sich näher mit dem Thema Hauseigentum zu befassen, Möglichkeiten auszuloten, Fragen zu stellen und sich aus erster Hand über konkrete Angebote zu informieren.

Wie du richtig sagst, ist die Eigenheim Messe ja immer auch ein beliebter Treffpunkt. Man trifft Freunde, Bekannte, überraschende Wiederbegegnungen. Welche fünf Personen würdest du gerne auf einen kleinen Stammtisch an der Messe treffen?

Eine schöne Eigenschaft von Anlässen wie Messen ist, dass ich hier spontan Menschen begegne, die ich vielleicht schon seit längerer Zeit nicht mehr gesehen habe. Ein solcher Austausch lässt sich dann auch nicht planen. Insoweit freue ich mich gerade auch auf solche «unerwarteten » Begegnungen.

Vielen Dank für die spannenden Einblicke Patrick.